*** START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK 75371 ***
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Das Cistercienserstift
Heiligenkreuz
in Niederösterreich.
[Illustration]
Wien.
_~Selbstverlag des Stiftes.~_
Druck von Rudolf Brzezowsky & Söhne.
[Illustration]
~Die Cistercienser-Abtei Heiligenkreuz~ wurde 1135 vom Markgrafen
Leopold III. dem Heiligen gegründet. Auf Bitten seines Sohnes, des
berühmten Geschichtsschreibers Otto, später Bischofs von Freisingen,
berief er in die neue Stiftung Mönche des vom heiligen Robert im Jahre
1098 gegründeten Cistercienser-Ordens, und zwar aus dem burgundischen
Kloster ~Morimund~, dem Otto damals als Abt vorstand. Trotzdem
die Abtei zu wiederholten Malen von Bränden heimgesucht, von den
feindlichen Ungarn und Türken überfallen wurde, blieb sie dennoch in
ihren Haupttheilen in fast ursprünglicher Form erhalten, eine seltene
Ausnahme unter den Klosterstiftungen.
=Der große Hof.=
Die Abtei wird gegen West und Nord von einem Meierhofe, Gasthofe und
von Beamtenwohnungen umschlossen, welche ~den äußeren Stiftshof~
bilden. Die Façade des eigentlichen Stiftsgebäudes ist im Barockstyl
erbaut. Unmittelbar über dem Hauptportale ist ein Wappenschild zu
sehen, dessen linkes Feld ~eine schwörende Hand~ -- das Wappen des
Stiftes Heiligenkreuz, -- zeigt, wie solches in den Räumen des Stiftes
wiederholt angebracht ist.
Das Hauptportale, durch das man in den von Arcaden umschlossenen
~inneren Stiftshof~ kommt, überragt ein Thurm mit dem vom Abt Gerhard
im Jahre 1720 erbauten ~Hornwerk~, einer mächtigen Orgel, welche an
hohen Feiertagen den C-Accord durch mehrere Octaven hindurch erklingen
läßt -- bei 1000 Pfeifen.
Gegenüber dem Portale der Kirche erhebt sich eine herrliche vom G.
Giulliani erbaute ~Dreifaltigkeitssäule~, welche einem Gelübde des
Abtes Gerhard wegen der glücklichen Abwendung der im Jahre 1713
wüthenden Pest von Heiligenkreuz ihren Ursprung verdankt. Die Säule
ließ erst Abt Robert in den Jahren 1734-1736 erbauen. Die drei Statuen
in den Nischen des Unterbaues _vis-à-vis_ der Kirche stellen den
Gründer des Stiftes Leopold den Heiligen, links den heiligen Benedict,
rechts den heiligen Bernhard, die oberen Statuen links den heiligen
Sebastian, rechts den heiligen Rochus, rückwärts den heiligen Carl
Borromäus vor. Die dazwischen liegenden Reliefs bedeuten auf der
Vorderseite die heilige Rosalia, links die heilige Magdalena, rechts
den heiligen Petrus, darüber thürmt sich eine Wolkensäule auf, deren
Spitze die heilige Dreifaltigkeit krönt und in deren Mitte die Krönung
Mariens dargestellt ist. Gleichfalls ein Werk Giulliani's ist der
idyllische, unter Abt Robert (1728-1755) errichtete ~Josefsbrunnen~,
den heiligen Josef mit dem Jesukind darstellend. Um den Sockel herum
drei Engel, Glaube, Hoffnung und Liebe vorstellend. Die Reliefs: Jesus
am Jacobsbrunnen, Hagar und Ismael, Jacob und Rebekka.
=Gemälde-Gallerie.=
Im ersten Stocke des westlichen Hoftractes ist ~eine kleine
Gemälde-Gallerie~ untergebracht. Fresken und reiche Stuckarbeit
schmücken den imposanten Saal. Aus der Gemäldesammlung sind
hervorzuheben: Eine Sammlung altdeutscher Gemälde, Moses in der Wüste
und Studienkopf von Jordans, Blumenstück, Niederländer-Mondlandschaft
von van de Noer, heiliger Franziskus von Carraccio, Judith von Cortona,
_Mater dolorosa_, Kreuzabnahme und Krönung Mariens von Altomonte, Maria
mit dem Kinde von Peter v. Strudel, großes Schlachtgemälde »Entsatz
Wiens 1683« von Rugendas.
=Museum.=
Der erste Saal enthält eine reiche ornithologische und mineralogische
Sammlung, dann Conchilien und Petrefacten. Aus den im zweiten Zimmer
untergebrachten Gegenständen sind zu erwähnen: zwei Broncestatuen aus
dem 16. Jahrhundert, Adam und Eva, reizende Nippchen aus Porzellan und
Elfenbein, eine egyptische Mumie, gegen 170 Thonskizzen Giulliani's,
darunter: Dreifaltigkeitssäule, Josefsbrunnen, Kreuzwegstatuen,
Vexirbilder und eine kleine Sammlung von alten Waffen.
=Kirche.=
Die äußere Façade, streng im romanischen Styl, -- Mitte des 12.
Jahrhunderts -- wirkt durch die beabsichtigte Unsymmetrie äußerst
interessant.
A. ~Das romanische Langhaus.~
Das Innere der Kirche bietet einen fast überwältigenden Anblick. Zwei
Reihen von 20 quadratischen Pfeilern theilen das Langhaus in drei
Schiffe. Die Wände derselben entbehren jedes decorativen Schmuckes, wie
es den Cisterciensern durch ihr Ordensstatut geboten war. Die einzige
Abwechslung bilden die Gurtenträger hoch oben an den Scheidewänden
des Mittelschiffes, welche durch Halbpfeiler mit angefügten Säulchen
gebildet werden.
Grabsteine.
Im Pfeiler vor dem rechten Wasserbecken ist der Grabstein des
Bildhauers und Lehrers Raphael Donners, eines langjährigen Familiars
des Klosters
Giovanni Giulliani † 1744,
in der Nähe des linken Weihwasserbeckens jener des
Martin Altomonte † 1745,
eines der bedeutendsten Kirchenmalers des vorigen Jahrhunderts,
angebracht.
~Im rechten Seitenschiffe~ stehen die Grabsteine der Aebte:
1. Marian I. † 1705,
2. Michael II. † 1658,
3. Clemens, † 1693, des zweiten Gründers des Stiftes,
4. Johann VI. † 1599;
~im linken Seitenschiff~:
1. Ritter Johann Griffo, Bürger von Wien,
2. Ritter Stephan Ciciling, beide aus dem Anfange des 14.
Jahrhundertes,
3. Abt Johann Franz von Schlierbach † 1644,
4. Abt Conrad III. von Heiligenkreuz, † 1558 mit Epitaph, auf der
Vorderseite den heiligen Conrad mit der Spinne im Kelch zeigend
(dieser soll, wie die Legende erzählt, durch den Genuß einer Spinne,
welche in den Kelch gefallen war, gestorben sein), die Kehrseite zeigt
einen vor dem »_Ecce homo_« knienden Cistercienser mit dem Spruchbande:
_Fili Dei, miserere mei_.
Im Mittelschiff sind besonders beachtenswerth die ~eingelegten
Kirchenbänke~, 1802 verfertigt von den Laienbrüdern Caspar Willer und
Lucas Barth.
B. Der gothische Chor.
Eine dreischiffige Halle, die den Charakter der Kirchenbauten des 14.
Jahrhunderts trägt. Auffallend ist ~der geradlinige Chorabschluß~,
eine Eigenthümlichkeit der Cistercienserkirchen, wie beispielsweise
bei dem Mutterkloster Citeaux. Interessant ist auch die Gruppirung
der Seitenaltäre um den freistehenden Hochaltar, ebenfalls eine
Eigenthümlichkeit der Kirchen dieses Ordens. Der Einbau der Thurmstiege
stammt aus dem Jahre 1466. Bemerkenswerth sind auch die Eckknollen an
den Füßen der Vierungssäulen.
~Die Bodenfliese~ sind neu, jedoch Imitation der aufgefundenen, im
Museum verwahrten Originale.
Ein Meisterwerk ist die von Professor D. Avanzo entworfene ~Kanzel~,
gebaut 1885, in den Giebeln des Deckels die vier Kirchenväter.
Eine Steinschranke mit einem Eisengitter schließt das Presbyterium von
dem übrigen Theile des Chores ab.
Links vom Eingange erscheint wieder das Wappen des Stiftes, rechts
jenes des Abtes Heinrich Grünbeck (grüner Bach im goldenen Feld). Das
Gitter aus Weinlaubmotiven zusammengesetzt, wurde angefertigt vom
Kunstschlosser Baierlein in Wien. Innerhalb der Schranke erhebt sich
der im Jahre 1887 gleichfalls vom Prof. D. Avanzo erbaute ~Hochaltar~;
der Unterbau aus Marmor mit Glasmosaiken geziert. Die Retabel, dem
sogenannten Verduner-Altare in Klosterneuburg nachgebildet, ist aus
Goldbronce. Die Emails stellen Scenen aus dem Leben der heiligen
Maria dar, welcher sowohl Kirche als Altar geweiht ist, u. zw. links
die Geburt und Darstellung im Tempel, rechts die Verkündigung und
Heimsuchung, im Mittelstück die Krönung; darüber wölbt sich auf vier
Säulen aus Unterberger Marmor ein reicher ~Bronce-Baldachin~, gekrönt
mit einem doppelten Thürmchen, in welchem die heilige Dreifaltigkeit
dargestellt ist.
=Session.=
Im gleichen Style mit dem Hochaltar ist die reiche Session. Die
prächtigen Stühle aus Goldbronce und die Umrahmungen nach Entwürfen des
Prof. D. Avanzo. Die Rückwand der Session wird gebildet von einem circa
1500 gewebten flandrischen Gobbelin, den Stifter -- heiligen Leopold --
mit seiner Familie darstellend, eine Widmung des Dr. Fuchsmagen. Nicht
zu übersehen ist die ~hängende Ampel~.
=Im linken Chorschiff.=
An der Wand des romanischen Querschiffes das Altarblatt, des nach der
Türkeninvasion errichteten alten barocken Hauptaltares, ~ein großes
Gemälde von Rottmayr~, die Krönung Mariens darstellend.
Zu den schönsten Kunstüberresten nicht bloß des Stiftes sondern des
Mittelalters überhaupt gehören ~die gemalten Glasfenster des gothischen
Chores~, die in den oberen Partien dem Ende des 13. Jahrhunderts
angehören.
Die Farben der Fenster sind von wunderbarer Tiefe und Kraft, die
Zeichnung der Figuren einfach und strenge, die romanischen Kunstformen
entlehnten Ornamente sind im hohen Grade elegant und vollendet. Die
Figuren in den Fenstern stellen dar, u. zw. ~die alten in dem linken
Fenster des Chorabschlusses~ von oben nach unten: Zacharias, Habakuk,
Samuel; ~die neuergänzten~: Abraham, Joachim, Josef. ~Im rechten
Seitenfenster ebenso~: Vitus, Hippolytus, Mauritius; die neuergänzten:
Ephraim, Augustinus, Gregorius. Das mittlere Fenster ist gänzlich
restaurirt. Die Figuren nach Zeichnung des Professors Klein stellen von
oben nach unten je vier Apostel, Märtyrer, Bekenner und Jungfrauen dar.
Von edler Wirkung sind die beiden Altäre
1. ~Der Benedictialtar~, die Statue von Bildhauer Erler; besonders
schön ist die Einfügung des Heiligenscheines in das rückwärts
angebrachte Fenster.
2. ~Der Altar des heiligen Leopold~, des Stifters. Die Statue von
Bendel. Beide Altäre sind 1890 gebaut.
Im Chorabschluß.
1. Im Prospect des linken Seitenschiffes erhebt sich an der Mauer
des Chorabschlusses ~der Bernhardialtar~ 1894 erbaut. Auf einem
Unterbau aus rothem und weißem Salzburger Marmor erhebt sich der
reiche Aufbau aus Goldbronce. Unter dem Baldachin steht die vom
Bildhauer Beyer modellirte Statue des Heiligen. Links und rechts von
demselben Künstler entworfen: Darstellungen aus dem Leben des Heiligen
(Hautereliefs) u. zw.: Aufnahme in das Kloster, Bekehrung Herzogs
Wilhelm von Aquitanien, die Kreuzzugpredigt zu Speier und eine Vision
Mariens.
2. In der Mitte des Chorabschlusses vor dem großen gänzlich
restaurirten Chorfenster steht ~der Kreuzaltar~, der zugleich als
~Speisealtar~ dient. Ueber der Kreuzigungsgruppe im Giebelfeld ~der
Pelikan~, der seine Jungen mit eigenem Blute nährt, -- ein Symbol des
Altarsacramentes.
3. Das Gegenstück zum Bernhardialtar ist der ebenfalls 1894
aufgeführte ~Marienaltar~ mit der heiligen Maria als Himmelskönigin.
Die Reliefs stellen dar: Geburt Christi, Anbetung der heiligen drei
Könige, _Pietà_ und Tod Mariens. Der figurale Theil ist ebenfalls von
Beyer.
Im rechten Chorschiff.
Im selben Styl und zu gleicher Zeit (1890) sind:
1. ~der Josefsaltar~ und
2. der Altar des heiligen Stefan gebaut. Die Statuen beider Altäre
sind von Erler. Beachtenswerth ist auch die schöne Anordnung der
Altäre rechts und links: Links ~der Heilige Benedict~, der Verfasser
der Regel für die abendländischen Mönchsorden, rechts ~der heilige
Stefan~, der Verfasser der _charta charitatis_, der Grund-Constitution
des Cistercienser-Ordens, welche der Heilige in der Hand hält; links
~der heilige Leopold~, der Gründer des Stiftes, rechts der heilige
Josef, der Patron der ganzen Kirche; links ~der heilige Bernhard~, der
größte Heilige des Ordens und rechts ~die heilige Maria~, die Königin
aller Heiligen, sowie der gesammten Christenheit; als Abschluß endlich
~am Kreuzaltar~ der gekreuzigte Heiland der Menschen.
Auf dem neu -- 1875 -- gebauten romanischen Musikchor ist die ~kleine
Orgel~ mit 11 Register aus der Zeit des Abtes Robert (1728-1755)
angebracht, darunter sieht man eine frühgothische, jetzt vermauerte
Thür, die in die ehemalige Sacristei führte; davor stehen ~vier
romanische Leuchter~ aus der Gründungszeit des Stiftes. -- ~Der
gothische Taufstein~ mit Broncedeckel wurde unter Abt Edmund
(1841-1877) hergestellt.
=Der Kreuzgang.=
Vom rechten Seitenschiff des romanischen Theiles der Kirche gelangt man
durch eine romanische Pforte (die romanische Thür aus dem Jahre 1884)
~in den Kreuzgang~, der im blühendsten Uebergangsstyle gebaut, mit
seinen über 300 rothen Marmorsäulchen einen äußerst prächtigen Eindruck
macht. Der Bau stammt seinem architektonischen Charakter nach aus dem
Ende des 12. und der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, ungefähr aus
derselben Zeit, wie die Façade der Kirche. Unter dem Herrn Prälaten
Grünbeck wurde er restaurirt und 1894 mit einem neuen Pflaster versehen.
a) ~Fußwaschungsgang~.
Eine neue Stiege mit dem Stifts- und Prälatenwappen -- 1894 ebenfalls
von Professor D. Avanzo ausgeführt -- führt ~in den Fußwaschungsgang~,
so genannt, weil hier am Gründonnerstage zwölf Greisen von ebensovielen
Mitgliedern des Stiftes nach dem Beispiele des Heilandes die Füße
gewaschen werden. Dieser Theil enthält überaus werthvolle Glasmalereien
aus dem Beginne des 13. Jahrhunderts; besonders reich sind auch die
Capitäler, Consolen und Schlußsteine. Die Glasmalereien oben in den
Rundfenstern des Fußwaschungs-, Capitelhaus- und Pförtnerganges sind
durchaus, die in denen des Refectoriumsganges zum Theil neu. Die beiden
Gruppen an den Enden des Fußwaschungsganges, ~die Büßerin Magdalena
und die Fußwaschung~ sind wie die in diesem Gange angebrachte Session
und Kanzel aus der Meisterhand Giulliani's. Die Oelgemälde in den
Bogenfeldern, Scenen aus dem Leben des heiligen Bernhards darstellend,
stammen aus der Zeit des Abtes Marian I. (1693-1705) gemalt vom
Laienbruder Stefan Molitor.
b) ~Pförtnergang~.
Capitäler, Kelchform aufweisend, Consolen und Schlußsteine sind durch
reiche Blattornamente geziert. Dieser Gang mit den zwei anstoßenden
Travees des Fußwaschungsganges scheint der älteste Theil des
Kreuzganges zu sein.
Längs der Wand sind die früher an verschiedenen Stellen des Bodens
gelegenen ~Grabsteine der Wohlthäter des Stiftes~ aufgestellt.
1. Hugo von Aigen, erste Hälfte des 13. Jahrhunderts.
2. Ulrich von Himberg, erste Hälfte des 13. Jahrhunderts.
3. Heinrich von Zebingen, erste Hälfte des 13. Jahrhunderts.
4. Conrad von Wildeck, erste Hälfte des 13. Jahrhunderts.
5. Adelheid von Ulrichskirchen † 1246.
6. Dietmar v. Engelschalksfeld † 1271.
7. Otto Turso, 13. Jahrhundert.
8. Otto in Foro (vom hohen Markt), Wiener Bürger † 1277 oder 1288.
9. Berthold v. Arnstein, zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts.
10. Conrad Mazo † nach 1286.
11. Otto v. Haslau † 1289.
12. Bertha von Ror, zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts.
13. Sifrid Leublo, Bürger von Wien † 1289.
14. Berthold Treun, Marschall von Oesterreich, 13. Jahrhundert.
15. Albert Veuslo, † um 1294.
16. Abt Johann I. von Heiligenkreuz † 1321 und seine Mutter Gisla.
17. Otto Turso v. Rauheneck † 1331.
18. Wulfing v. Harssendorf † 1324.
19. Gräfin Eulalia de Avis † 1338.
20. Bischof Nicolaus von Tribau † 1402.
21. Johann v. Neudeck, 14. Jahrhundert.
Bemerkenswerth ist auch ~die neue romanische Pforte~ 1894.
c) Refectoriumsgang.
In den Fenstern ist ein Theil ~der alten Glasgemälde~ erhalten, ebenso
wie im Fußwaschungsgange, aus dem Anfange des 13. Jahrhundertes
stammend. Die Thür vis-à-vis dem Brunnenhause führt in's
~Sommerrefectorium~, einen langen Saal mit prachtvoller Stuckarbeit,
Fresken (Tercola) und Oelgemälden, 1687 gebaut, 1712 restaurirt. An
der linken Wand in Oelgemälden die allegorischen Gestalten der Demuth,
der vier Cardinaltugenden und Glaube, Hoffnung und Liebe; über der
Hauptthür das Porträt des Erbauers, des Abtes Clemens (1658-1693).
~An der Wand in den Bogenfeldern~:
1. Der heilige Bernhard,
2. der heilige Malachias,
3. der heilige Bonifaz, Bischof von Lausanne,
4. der heilige Conrad,
5. die Bestätigung des Cistercienser-Ordens,
6. die Familie des heiligen Bernhard,
7. das Colossalgemälde »die Speisung der 5000«, 1742 von Altomonte
in seinem 83. Lebensjahre gemalt.
~In der Mitte der Wölbung sind die Fresken~:
1. Esau und Jacob,
2. Vision des heiligen Bernhard,
3. Heiliger Benedict in der Einsamkeit,
4. Abraham und die Engel,
5. die Büßerin Magdalena,
6. das Abendmahl.
Außerdem begleiten diese Fresken rechts und links eine Reihe von
Bildern, von denen die linksseitigen die österreichischen und die
rechtsseitigen die ungarischen Güter des Stiftes mit den betreffenden
Donatoren darstellen. Gegenüber dem Refectorium erhebt sich ~das
gothische Brunnenhaus~ aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts.
Die berühmten Glasgemälde stammen zum Theile aus dem Ende des 13.
Jahrhunderts. Das vereinzelte Glasgemälde im zweiten linksseitigen
Fenster stellt den König Alexander auf dem Panther reitend dar --
Zeichen des Sieges.
~Das linksseitige Fenster mit den Bildern der Babenberger zeigt~
Heiligenkreuz -- Klosterneuburg,
(Ansichten der beiden Stifte in ursprünglicher Gestalt);
dann folgen:
Heiliger Leopold -- Agnes,
Adalbert -- Leopold IV. der Freigebige,
Otto von Freisingen -- Heinrich II. Jasomirgott,
Ernest -- Conrad, Erzbischof von Salzburg.
~Im rechtsseitigen Fenster, neu~,
Lilienfeld -- Zwettl,
Leopold V. der Tugendhafte -- Heinrich I. der Katholische,
Heinrich von Mödling -- Raiza seine Gemahlin,
Heinrich der Grausame -- Richardis seine Gemahlin,
Friedrich II. der Streitbare -- Gertruds seine Gemahlin.
Im Vereinigungspunkt der Rippen als ~Schlußstein~ der Heiland mit dem
Lebensbuch (Original im Museum). Unter den Fenstern läuft ringsum ein
mit spitzförmigen Blindbögen und mit reichem Maßwerke geschmücktes
gothisches Parapet. -- ~Der alte Brunnen in der Mitte aus Blei~ bildet
eines der kostbarsten Alterthümer des Stiftes.
d) ~Capitelhausgang~.
An den Ostflügel des Kreuzganges, Capitelhausgang genannt, ist das
sogenannte untere Dormitorium, die Todtenkapelle, das Capitelhaus und
die Annakapelle angebaut.
~Vor dem Eingang in das Capitelhaus~ stehen an der Fensterwand: ein
Grabsteinfragment, Ulrich von Ebersdorf, 14. Jahrhundert, dann die
Grabsteine der Offnia von Seefeld und ihrer Kinder und des Dietrich von
Lichtenstein, beide aus dem 13. Jahrhundert.
I. ~Die Annenkapelle~, früher die Sacristei, wurde von dem in
dieser Kapelle ruhenden Abt Gerhard (1705-1728) in die jetzige Gestalt
gebracht.
II. Weniger verändert wurde das aus dem 13. Jahrhundert stammende
~Capitelhaus~, wenn es auch von Abt Gerhard und Abt Robert
(1728-1753) mit Fresken in der Manier der Barocke ausgeschmückt
wurde. Die Freskenbilder der hier begrabenen Babenberger sind ein
Werk des Laienbruders Mathias Gusner († 1772), die Glasgemälde,
darunter das 1863 auf der Pariser Ausstellung aufgestellte Radfenster
(Katharinenrad) wurden neu eingesetzt.
Dieser ernste Raum ist ~doppelt geheiligt~, durch den Ordensgebrauch
und die Erinnerungen der Geschichte. Hier versammelten sich die
Ordensbrüder zur Berathung über die wichtigsten Angelegenheiten und
dann ruhen hier unter einfachen Grabsteinen die Fürsten des ruhmreichen
Babenbergergeschlechtes, nämlich:
1. Herzog Friedrich II. der Streitbare, gefallen in der Schlacht
gegen die Ungarn 1246. Der Tumbadeckel, den Herzog darstellend, ist
eines der ältesten mittelalterlichen Sculpturwerke dieser Art in
Oesterreich.
2. Herzog Friedrich I. der Katholische † 1198; sein Grabstein ist
ganz einfach und liegt am Boden im Vordertheile des linken
Seitenschiffes der Halle;
3. Neben ihm ruht, wie ein ebenfalls einfacher Grabstein besagt,
Herzog Leopold V. der Tugendhafte † 1194, der Spender der großen
Kreuzpartikel;
4. Herzog Heinrich der Grausame † 1228, Sohn Leopold VI.;
5. Leopold IV. der Freigebige, Markgraf von Oesterreich, Herzog
von Bayern † 1141;
6. und 7. Der Doppelgrabstein für Herzog Heinrich von Mödling
† 1223 und für seine Gemahlin Raiza, Tochter des Königs Wladislav I.
von Böhmen † 1182;
8. Deren Sohn Herzog Heinrich von Mödling der Jüngere † 1233;
9. und 10. Rudolf und Heinrich † 1300, Enkel König Rudolfs von
Habsburg.
Die Grabsteine für 5, 6, 7, 8 und 9 liegen unter der Treppe vor dem
Altar.
Rechts davon liegen: 11. und 12. Adalbert † 1136 und Ernest † 1137
Markgrafen von Oesterreich, Söhne Leopolds des Heiligen.
13. und 14. Gertrud von Braunschweig † 1326, Gemahlin Friedrichs
des Streitbaren und Richardis, Gemahlin Heinrichs des Grausamen,
Tochter des berühmten Landgrafen Hermann von Thüringen.
III. An das Capitelhaus schließt sich die ~Todtenkapelle~ an, vom
Abte Martin von Egris 1349 zu Ehren des heiligen Alexius gestiftet.
Hier ruhen der Stifter der Kapelle und der um das Stift hochverdiente
Abt Robert † 1755.
~Das Radfenster~, gemalt 1845 von Friedrich Walzer, zeigt links den
ersten Abt Gottschalk, rechts den heiligen Leopold. Interessant sind
die barocken Leuchter, welche Todtengerippe darstellen.
Rings an den Wänden herum sind ~Grabsteine verstorbener Capitularen des
Stiftes~ aus dem 17. und 18. Jahrhundert eingefügt.
IV. Neben der Todtenkapelle ist das frühgothische etwa gleichzeitig
mit dem Capitelhaus gebaute ~untere Schlafhaus~. Diese Halle war einst
der Schlafraum der Mönche.
=Oberes Schlafhaus.=
Vom unteren Schlafhause führt eine Stiege in das obere, Ende des 14.
Jahrhunderts gebaute Schlafhaus, eine mächtige, von 20 Säulen getragene
Halle im gothischen Style. Dieser kirchenartige Saal diente früher
ebenfalls als Schlafraum für die Mönche.
An der Südwand stehen die zwei Colossalstatuen »~Sebastian und Rochus~«
von Giulliani. Vom selben Meister ist auch die Kreuzabnahme, eine sehr
belebte figurenreiche Gruppe.
~An der Westwand sind fünf Gemälde angebracht~:
1. Der heilige Laurenz, das Hochaltarbild aus der ehemaligen
Mayerlinger Kirche,
2. der heilige Benedict und seine Schwester, die heilige
Scholastica, gemalt von Rothmayr 1710,
3. der heilige Leopold, gemalt von Altomonte 1729,
4. Tod des heiligen Josef, von Altomonte 1731,
5. der heilige Stefan, von Rothmayr 1710.
=Bibliothek.=
Links in der südlichen Ecke dieser Halle führt eine Thür in die aus
zwei Sälen und zwei Zimmern bestehende Bibliothek, die ~über~ 40.000
~Bände~ umfaßt, darunter 500 ~Handschriften~ aus dem 10., 11., 12., 13.
und 14. Jahrhundert, dann ~viele Incunabeln~ und seltene Bibelausgaben.
~Der große Saal~ mit Fresken von Rothmayr wurde 1701 vom Abt Marian
I. († 1701) erbaut; ~der zweite Saal~, der Gartensaal mit Stuckarbeit
und Fresken, wurde in der jetzigen Gestalt vom Abt Xaver (1824-1841)
eingerichtet.
=Schatzkammer.=
Die Schatzkammer ist ein schmuckloser Raum, nur die alten
Paramentenkästen tragen reiches Schnitzwerk.
1. ~Ornate~: Davon wären hervorzuheben:
a) eine rothe Casel unter Abt Michael II. 1641 erworben;
b) ein rother Ornat aus der Zeit des Abtes Gerhard (1705-1728),
c) ein weißes goldgesticktes Meßkleid, selbsteigene Arbeit der
Kaiserin Maria Theresia; im Kelchtuch Vexirbilder.
2. ~Kelche und Ciborien.~ Unter den Kelchen sind bemerkenswerth:
a) ein großer goldener Kelch vom Abt Clemens angeschafft, Augsburger
Arbeit aus dem Jahre 1679;
b) ein niedriger silberner, reich vergoldeter Kelch aus dem 17.
Jahrhundert;
c) ein spätgothischer Ciboriumdeckel aus dem 15. Jahrhundert;
d) ein Barockciborium;
3. ~Mehrere Monstranzen.~
4. ~Infeln und vier Hirtenstäbe~:
a) silberner Krummstab vom Abt Gerhard;
b) gothisches Pastorale 1866;
c) silberner Krummstab aus dem Stifte St. Gotthard;
d) schönes Pastorale von einem Verehrer des gegenwärtigen Abtes, zu
dessen Profeß-Jubiläums 1893, gespendet.
5. ~Reliquiare~:
a) eine Reliquie des heiligen Leopold, die Fassung 1756;
b) eine kleine Kreuzpartikel in schöner mit Steinen besetzter
Kreuzfassung;
c) ein Versehkreuz aus Bergkrystall, ebenfalls mit einer kleinen
Kreuzpartikel;
d) ein Dorn aus der Dornenkrone Christi;
e) Reliquien des heiligen Gregorius Magnus;
f) die große silberne Kreuzpartikelfassung, eine werthvolle
getriebene Arbeit aus dem Jahre 1749.
6. ~Kirchengeräthe.~ Romanische Leuchter aus dem 12. Jahrhundert,
silberne Meßkännchen, silberbeschlagenes Missale, ein von der
Kaiserin Maria Theresia gestickter Baldachin u.s.w.
7. ~Kreuze~, darunter ein bleiernes Crucifix, ein Werk Raphael
Donner's.
8. ~Raritäten~:
a) Elfenbeinbuchdeckel aus dem 9. Jahrhundert; den heiligen Gregor
darstellend;
b) byzantinische Madonna aus Serpentin, 11. Jahrhundert;
c) ein Bild aus Bernstein, Korallen und Elfenbein zusammengesetzt;
d) ein Altar aus Achit, korinthischem Marmor und Lazurstein u.s.w.
=Sommerchor.=
Vom oberen Dormitorium gelangt man durch das Winterchor auf das
große Musikchor. Dort hinter der großen Orgel sind die ~kunstvoll
geschnitzten Chorstühle~ aufgestellt zum Theil von Giulliani -- die
Kniebänke älter. Die Holzreliefs enthalten das Leben Jesu, die Figuren
sind aus allen Ständen genommen, als: Krieger, Mönche, Dichter,
Künstler, Fürsten, Priester, Bischöfe, Cardinäle, Könige und Päpste.
=Orgel.=
Die große Orgel mit zwei Manualen, 62 Register und 53 klingende
Stimmen, dann 2376 Pfeifen wurde 1802 von Ignaz Kober in Wien gebaut.
Von besonderer Schönheit sind die zarten Register, wie: Gamba,
Calicional, Flöte u.s.w. Mächtig klingt das Vollwerk, besonders die
Bässe, darunter zwei Register 32 Fuß.
=Sacristei.=
Vom oberen Dormitorium führt eine Stiege zur Sacristei hinab, die vom
Abt Clemens 1667 erbaut, und mit Fresken ausgeschmückt ist. Die feine
~Stuckarbeit~ übertrifft an Schönheit der Zeichnung alle anderen Räume
dieses Styles im Stifte.
~Die Paramentenkästen~ mit kunstvoller Holzmosaik, verfertigt 1802,
stammen aus den Händen der geschickten Laienbrüder Lucas Barth und
Caspar Willer. Hier wird auch ~die große Kreuzpartikel~ verwahrt, die
Herzog Leopold V. der Tugendhafte auf einem Kreuzzuge 1182 vom König
Balduin erhalten hatte und die er 1187 dem Stifte spendete.
=Bernhardikapelle.=
Vom Sacristeihof gelangt man zur gothischen vom König Albrecht I. 1300
gestifteten Bernhardikapelle, die unter Abt Marian I. 1697 in die
jetzige Form gebracht wurde. An der Außenseite dieser Kapelle stehen
die Grabsteine der Aebte Marian II. † 1803; Nicolaus II. † 1824 und
Alberik † 1787.
=Kreuzweg.=
Lohnenswerth ist auch der Besuch des längs der Gaadnerstraße angelegten
Kreuzweges, zu welchem außerhalb des Wiener Thores rechts eine
Stiege führt. Derselbe wurde 1732 vom Abte Robert und den Einsiedler
Sebastian Zettel erbaut. In jeder Station ist eine Leidenscene in
Holzrelief in einer gemauerten Kapelle dargestellt. Längs des ganzen,
von einer Baumallee beschatteten Weges stehen Sandsteinfiguren, theils
von Giulliani, theils unter seiner Leitung von dem Familiaren Josef
Schnitzer ausgeführt.
Den Abschluß bildet die mit einem Thürmchen geschmückte
~Kreuzwegkapelle~ und unten am Fuße des Hügels der ~idyllische
»Heilandsbrunnen«~, der den Heiland darstellt, aus dessen Seitenwunde
ein Wasserstrahl springt, darüber die Inschrift: »~Ihr werdet mit
Freude Wasser schöpfen aus dem Brunnen des Heilandes«~. Isaias 12, 3.
[Illustration]
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Das Cistercienserstift Heiligenkreuz in Niederösterreich
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— End of Das Cistercienserstift Heiligenkreuz in Niederösterreich —
Book Information
- Title
- Das Cistercienserstift Heiligenkreuz in Niederösterreich
- Author(s)
- Abtei Heiligenkreuz
- Language
- German
- Type
- Text
- Release Date
- February 14, 2025
- Word Count
- 3,865 words
- Rights
- Public domain in the USA.